„Nirgends ist es wie im Durchschnitt!“ – Mit einem sozialräumlichen Bildungsmonitoring soziale Ungleichheiten abbilden und Ressourcen gezielt steuern

 

„Nirgends ist es wie im Durchschnitt!“ – mit diesen Worten setzte Nora Jehles (wissenschaftliche Mitarbeiterin, TH Köln) im Rahmen des 11. Netzwerktreffens Bildungsmonitoring eine klare Botschaft: Die Lebensrealität von Menschen weicht zum Teil deutlich davon ab, was ein errechneter Durchschnitt für eine Region darstellt. Diese räumlichen Abweichungen gilt es herauszufinden, um die Lebensqualität und einen gerechten Zugang zu Bildungsangeboten in den Kommunen zu ermöglichen.

Im kommunalen Bildungsmonitoring werden Indikatoren häufig auf der Kreisebene dargestellt – ein Wert – der Durchschnitt – steht dann stellvertretend für die gesamte Population des Landkreises. Der Durchschnittswert verschleiert dabei möglichweise Formen der sozialen Ungleichheit und der räumlichen Segregation – diese werden häufig erst dann deutlich, wenn kleinere Areale betrachtet werden. Dabei stellt sozialräumliches Bildungsmonitoring einen möglichen Weg dar, diese Unterschiede in der Kommune aufzuzeigen. Auf diese Weise können Kommunen ihre Bildungslandschaften bedarfsgerecht steuern, um so gezielt soziale Ungleichheiten abzubauen.

Das jüngste Netzwerktreffen Bildungsmonitoring legte den thematischen Fokus auf das sozialräumliche Bildungsmonitoring und schuf die Möglichkeit, sich mit der Relevanz und Thematik des Sozialraums auf kommunaler Ebene auseinanderzusetzen. Entlang von wissenschaftlichen und praxisnahen Beiträgen sowie in einem Werkstattformat haben die Mitglieder des Netzwerks Begriffe, Mehrwerte, Herausforderungen und Gelingensbedingungen eines sozialräumlichen und kleinräumigen Vorgehens herausgearbeitet.

Mit Blick auf das Verständnis eines sozialräumlichen Ansatzes zeigte sich, dass es innerhalb der Verwaltungen kein einheitliches Verständnis über den Begriff des Sozialraumes gibt. Administrative Räume der Fachplanungen sind meist bereits definiert und bilden die Grundlage für den Zuschnitt der Daten, sodass kleinere räumliche Zuschnitte der Daten mit Aufwand der Datenlieferanten verbunden ist.

Die Gruppe diskutierte, wie es gelingen kann, Entscheider*innen und Kolleg*innen zu überzeugen, das kommunale Bildungsmonitoring um einen sozialräumlichen Ansatz zu erweitern. Im kollegialen Austausch arbeiteten die Netzwerkmitglieder folgende Mehrwerte, heraus, die ein sozialräumliches Bildungsmonitoring liefern kann:

  • Objektive Entscheidungsfindung: Eine Entscheidung in der Bildungssteuerung basiert auf einer auf objektiven Datenlage, die soziale Lebenslagen mit einbezieht.
  • Gezielte Steuerung: Die Darstellung der Belastungslage in den Sozialräumen anhand abgestimmter Indikatoren wird vergleichbar und folglich eine zielgerichtete und gerechte Verteilung der Mittel möglich.
  • Unterstützung von kooperativen Prozessen: Die Kommune kann durch Bereitstellung zielgerichteter Daten beispielsweise kreisangehöriger Kommunen unterstützen.
  • Bedarfsorientierte Angebote: Die Anpassung der Bildungsangebote durch die Sichtbarkeit sozio-ökonomischer Belastungslagen wird ermöglicht.
  • Diskussionsgrundlage: Die Sichtbarkeit von sozialen Disparitäten kann Raum für produktive Diskussionen innerhalb der kommunalen Verwaltung schaffen.

Darüber hinaus haben die Netzwerkmitglieder wesentliche Aspekte herausgearbeitet, die den Aufbau eines sozialräumlichen Ansatzes unterstützen können:

Verwaltungsinterne Arbeitsprozesse anpassen

  • Ausreichend personelle Ressourcen für die Zuständigkeiten müssen zur Verfügung stehen.
  • Die Nutzung eines sozialräumlichen Ansatzes sollte im Steuerungskreislauf fest eingebettet sein.
  • Einheitliche Begriffsbestimmungen in der Verwaltung erleichtern die Kommunikation und Zusammenarbeit.
  • Eine einheitliche Vorstellung von Sozialraumorientierung in der Verwaltung sollte entwickelt werden.

Datenorganisation und -verarbeitung weiterentwickeln

  • Daten auf sozialräumlicher Ebene nutzen, deren Nutzung intern abgestimmt und festgelegt ist.
  • Hilfreich ist ein kreativer Umgang mit Daten: Vorhandene Daten nutzen und langfristig versuchen, identifizierte Datenlücken zu schließen.
  • Eine einheitliche Dateninfrastruktur schaffen, die für Monitoring und Planung den Datenaustausch und –weiterverarbeitung ermöglicht.

Externe Kooperationsbeziehungen stärken

  • Kooperative Prozesse durch Kooperationsvereinbarungen mit Datenhaltern festigen.
  • Externe Unterstützung bei der Erhebung zusätzlicher Daten, zum Beispiel durch Studierende, nutzen.

Vielen Kommunen ist es ein Ansinnen, dem kommunalen Bildungsmonitoring einen zunehmend sozialräumlichen Zuschnitt zu verpassen. Ökonomische und gesellschaftliche Krisen sorgen zunehmend dafür, dass sich immer mehr Menschen und vor allem auch Kinder in prekären Lebenslagen befinden. Diese Entwicklungen rechtzeitig sichtbar zu machen und durch passgenaue Maßnahmen entgegenzusteuern wird in Zukunft eine zentrale Entwicklungsaufgabe von Kreisen und kreisfreien Städten sein.

 

„Nirgends ist es wie im Durchschnitt!“: Die Lebensrealität von Menschen weicht zum Teil deutlich davon ab, was ein für eine Region errechneter Durchschnitt darstellt. Hier gilt es, genauer hinzuschauen, um die Lebensqualität zu verbessern und einen gerechten Zugang zu Bildungsangeboten ermöglichen.“

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Die Präsentationsfolien von Nora Jehles beim 11. Netzwerktreffen Bildungsmonitoring finden Sie hier.